Samstagmorgen. Ein guter Tag, um bis zum Mittag zu schlafen, die Tageszeitung in Ruhe zu lesen und maßlos zwei Tassen Kaffee hintereinander zu trinken. Doch mein Wecker klingelt um 6.00 Uhr, da ich als Fußballervater mit Sporttasche bei Fuß um 8.00 Uhr in Potsdam sein muss. Wenigstens ist das Wetter top und das Spiel wird gewonnen.
Mittags fahre ich mit meiner Freundin zur Warschauer Brücke. Wir wollen uns im „Vaganz“ umsehen, einem veganen Supermarkt (mit dazugehörigem Restaurant im 1. Stock). Dummerweise habe ich den Fotoapparat vergessen, denn Motive gibt es hier zuhauf.
Der Laden gefällt uns; er wirkt stylisch und die Regale sind gut gefüllt. Überdies empfindet es meine Freundin als Erleichterung, dass sie nicht jedes Produkt auf seinen rein pflanzlichen Ursprung hin überprüfen muss. Wir kaufen Matcha, Hafermilch, Ernussmus crunchy, weißes Mandelmus, Steinpilz-Pastete, Pseudo-Pizzakäse und - zum Ausprobieren - Tofu-Hähnchenbällchen.
Am Stand („Bistro Goodies“) kaufen wir uns zweimal Eintopf („Chili con Tofu“), Smoothies und - für meinen großen Hunger - einmal „rustikalen Salat“ in gekühltem Plastikbecher. Alles schmeckt ausgezeichnet. Gesamturteil: 10 Punkte. Der Tofu im Chili ist angenehm faserig und erinnert an weichgekochtes Hähnchenfleisch; der Salat (Kartoffeln, Artischockenblätter, Räuchertofu ...) hat obenauf sogar junge Spinatblätter liegen.
Rückblende: Das erste Mal hörte ich als Jugendlicher von Veganern. Das waren kraftlose Neo-Hippies, Rohkostler, die es noch mehr übertrieben als ihre gemäßigten Genossen, die Vegetarier. Veganer, klärte mich ein Freund auf, äßen nur, was ihnen von der Natur „geschenkt“ wird. Also Obst, dass ihnen in den Schoß fällt und Möhren, die sich selbst ausgraben. Darüber konnte ich bloß den Kopf schütteln und meine Witze machen. Genau wie über alle „Müslifresser“, die irgendwo in den 70ern hängen geblieben sind. Denn wie konnte man bloß freiwillig auf Fleisch verzichten? Das war doch das Beste am Essen.
Und heute? Fleisch liebe ich immer noch. Nur sind meine Freundin und ich uns einig, dass wir nach der Challenge, 2-3 vegane Tage pro Woche einbauen wollen. Und weniger, aber qualitativ höherwertiges Fleisch kaufen möchten; sprich: von Neuland & co., wo auf umweltschonende und artgerechte Haltung geachtet wird. Man kann eben nicht nur für oder gegen etwas sein, man muss auch handeln.
Jetzt sitzen wir vor dem „Vaganz“ in der Sonne und sehen dem Treiben auf der Warschauer zu. Die Leute neben uns sehen gesund und zufrieden aus. Keine Müslifresser-Klischees, keine Hungerhaken. Im Gegenteil, einer hat sogar gut trainierte Oberarme, wobei mir einfällt, dass Patrik Baboumian, „der stärkste Mann Deutschlands“, ebenfalls Veganer ist.
Wieder zu Hause wird auf dem Balkon gechillt und geschrieben. Anschließend gehe ich joggen. Zum Abendessen gibt es Dinkelnudeln mit Tomatensoße und dem Pseudopizza-Käse. Nur für mich - wegen der Kohlenhydrate und Kilos - die restliche Suppe von gestern.
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