„Schmackhaft“ ist ein aus der Mode gekommenes Wort. Wenn ich es höre, denke ich an „Der Fernsehkoch empfiehlt“ und HO-Gaststätten-Hausmannskost. Heute sagt man „lecker“. (Als Steigerung: „sehr lecker“ beziehungsweise: „total lecker“.) Das klingt schnörkellos ehrlich. Wie „schmeckt“ statt „mundet“. Schmeckte es früher, erbat man sich einen „Nachschlag“. Vor allem, wenn es bei der „Schulspeisung“ (noch so ein Wort) Milchreis mit Zucker und Zimt gab. Und anschließend „Kompott“ (mir damals am liebsten von Pflaumen statt von Rhabarber). Oder wenn die Küchenfrau Spirelli-Nudeln mit Jägerschnitzel und Tomatensoße aus ihren grünen Thermokübeln holte. War darin allerdings „tote Oma“ begraben, wollte niemand einen Nachschlag. Dann lieber nach der Schule „Hansa-Kekse“ im Konsum kaufen oder abgepackte „Eberswalder Würstchen“ in der Kaufhalle. Besser natürlich - so vorhanden - Warmes vom „Imbiß“ (damals noch mit „ß“) - am liebsten „Goldbroiler“ beim „Außer-Haus-Verkauf“. - Begehrte „Schnellkost“ (Fast Food), die man vor dem Mauerbau nur von der westdeutschen Wienerwald-Restaurantkette kannte.
Der Osten kupferte eben auch in kulinarischer Hinsicht gern vom Klassenfeind ab. So gab es in den 80ern „Ketwurst“ (Hot Dog), „Grilletta“ (Hamburger) und „Krusta“ (Pizza). Letztere sogar tiefgekühlt und - als Quadratur des Kreises - backofenfreundlich rechteckig. Selbst Ostberlins „Konnopkes Currywurst“, die es seit 1960 am U-Bahnhof Dimitroffstraße (heute Eberswalder) gab, hatte ein Westberliner Pendant zum Vorbild. Altstalinistische Traditionalisten hielten da wohl lieber weiterhin an Bockwürsten aus Kaisers Zeiten fest. Mit Senf oder Mostrich, ganz nach sprachlichem Belieben.
Ein berlinisches, wohl ebenfalls aus der Mode gekommenes Wort ist „stippen“ (in Sachsen „ditschen“). Es bedeutet „eintunken“, zum Beispiel Brot in reichlich auf dem Teller vorhandene Soße. Wurde mir an Kinderabenden der kartoffellose Gulaschrest vom Mittag aufgetischt, durfte ich stippen und die langweilige, obligatorische Stulle aufwerten. Lecker! (Gestippt wurde und wird auch beim Angeln, mit der Stipprute, um Köderfische zu fangen.)
Eines meiner Lieblingsworte ist „verkleppern“, was nichts mit Pferden, sondern mit dem Verrühren von Eiern zu tun hat. Doch wenn die Gabel dabei in Fahrt kommt, klingt es tatsächlich nach galoppierenden Gäulen.
Dann gibt es wörtliche Auslaufmodelle, die nur scheinbar der Küche entsprungen sind. „Bandsalat“ zum Beispiel. Der konnte sich jederzeit selbst anrichten und somit jede Musikkassette ungenießbar machen. Oder „Backfisch“ - die altväterliche Bezeichnung für ein „jugendliches Mädchen“.
Backfische gibt es jetzt nur noch bei Nordsee & co. Und manch Kindheitsessen wird von mir nur noch in der Erinnerung verspeist. „Falscher Hase“ zum Beispiel. Oder mit Fleischsalat gefüllte Fleischtomaten, geröstetes Zuckerbrot, Kohlrabi-Eintopf, Möhreneintopf, Käsetoast, süßsaure Eier, Spinat mit Ei, Häckerle und eingelegter Hering. Wobei ich Häckerle mal wieder machen könnte. Meine Mutter zumindest würde sich freuen.