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Sonntag, 30. Juni 2019

207 | Kontrastprogramm in Dublin

Um 11.00 Uhr checkten wir gestern bei den Conroys aus und reisten nach Dublin, woher Anne, unsere Gastgeberin, ursprünglich stammte. Am frühen Nachmittag gaben wir am Flughafen das vollgetankte Auto ab und fuhren mit dem Bus weiter in die City.
Was war ich froh, nicht mehr selbst fahren zu müssen. Große Teile der Innenstadt waren nämlich wegen der „Dublin LGBTQ Pride“, einer Schwulen- und Lesbenparade und -party, gesperrt. Zum Glück hielt der 747er Bus fast vor unserem Hotel in der Talbot Street.

Das Ripley Court Hotel hat einen netten Eingangsbereich, ist aber schon ziemlich in die Jahre gekommen. Kaum hatten wir das Zimmer bezogen, klopfte es. Der Junge Mann von der Rezeption stand in der Tür und sagte uns, dass wir das falsche Zimmer bekommen hatten. Das mit dem Doppelbett. In unserer Bestellung stehe aber „Zweibettzimmer“, also Zimmer mit zwei Betten, und das wäre nebenan.
„Nein, nein, ist schon okay“, erwiderte ich, „wir sind ein Paar.“
Der junge Mann nickte und erklärte, dass wir bedauerlicherweise das Doppelbettzimmer trotzdem erst am nächsten Tag bekommen könnten.
Was soll´s, wir nahmen es mit Humor und trugen unsere Sachen zu  den „Twin Beds“ mit Nachttisch dazwischen. Auch im neuen Zimmer gibt es dreckige Schiebefenster, die so dünn sind, dass es akustisch keinen Unterschied macht, ob sie offen oder zu sind. Und auch hier hat man wie am Schlesischen Tor in Kreuzberg die Hochbahn direkt vor der Nase. Das fensterlose Bad ist zwar jetzt etwas größer, aber ohne Toilettenbürste. Und der Duschkopf ist fest in die Wand eingelassen. Nach unserer perfekten Connemara-Woche etwas abenteuerlich.
Durch die Talbot Street schlenderten wir gleich Richtung Temple Bar, dem nach Dublins berühmtestem Pub benannten Szeneviertel. Unterwegs erhielten wir mehr Dublin-Eindrücke, als wir verarbeiten konnten: Menschen über Menschen, überquellende Mülleimer, Möwen, die sich um Abfälle stritten, das Spire-Monument, das O'Connell-Denkmal, eine James-Joyce-Statue, mit Regenbogenfahnen dekorierte Shops, das Rock'n'Roll-Museum, buntgeschmückte, laute Party-Pubs …




In Darkey Kelly´s Bar, wo auch Livemusik gespielt wurde, war es nicht ganz so schrill und voll. Wir eroberten einen Hochtisch, tranken, aßen und hörten neben unbekannteren Songs Klassiker wie „Dirty Old Town“, „Whiskey in the Jar“ und „Irish Rover“. Im stummgeschalteten Fernseher lief Gaelic Football. Als wir es für unsere zu Hause gebliebenen Fußballkids abfilmten, wurden wir von einem Gast angesprochen. Er wollte wissen, warum wir das tun. Unsere Erklärung wollte er sich aber nicht anhören. Vielleicht nervten ihn die Touris im Allgemeinen und die Regenbogenleute da draußen im Besonderen gerade gewaltig. Vielleicht war er ja einer dieser verbohrten irischen Nationalisten. Als Kettenanhänger trug er nämlich die keltische Harfe. Sein Kumpel hatte sie sich sogar groß auf den Unterarm tätowiert.
Nach dem Essen bestellte ich mir einen „Whiskey of the week“, einen „JJ Corry the Gael“, obwohl ich Whiskey nichts abgewinnen kann. Aber ich hatte Lust drauf, selbst wenn der nächste, den ich probiere, weitere 15 Jahre im Fass reifen darf.

Den Rest des Abends chillten wir geschafft im Hotel. Andrea saß am heruntergelassenen Fenster und facetimte mit ihrer besten Freundin Jenny, die gerade einen Fallschirmsprung hinter sich gebracht hatte. Vom Laptop hörten wir Pogues- und Dubliners-Musik und von draußen das Pa-pam-pa-pam der Züge. Mal sehen, was Irlands Hauptstadt noch so für uns bereithalten würde.

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