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Freitag, 28. Juni 2019

205 | Beach-Hopping

Zum Glück konnte ich Andrea davon abhalten, zu den Cliffs of Moher zu wollen. Nicht nur, weil es insgesamt 5 Stunden Fahrzeit bedeutet hätte, sondern vor allem wegen der Touristen, die dort busweise eintreffen. Klar, wenn sie schon Irland bereisen, dann wollen sie auch sämtliche Highlights sehen, zu denen die Klippen ganz sicher zählen. Aber Irland hat viele Klippen und Fotomotive an jeder Ecke. Da ist es doch besser, sich eine von den stillen Ecken auszusuchen. Zumindest für uns wäre der Genuss dann größer. Bei einem Candle-Light-Dinner will man ja auch nicht seine Vereinskameraden dabei haben. Aber gut, sollten mal alle schön den Wild Atlantic Way nach Sehenswürdigkeiten in der Ferne abklappern, während wir das Gute in der Nähe suchten.

Von Clifden fuhren wir die Küste ein Stück nordwärts entlang. Da gerade Ebbe herrschte, zog es uns zuerst nach Omey Island, einer kleinen Gezeiteninsel, die bei Niedrigwasser über eine breite Sandbank befahren werden kann. Über den Meeresboden also! Diese Vorstellung gefiel uns.
Wo wir großzügig parkten, hatten Wattwürmer ihre sandigen Haufen hinterlassen und Möwen verteilte Essensreste: Muschelschalen und Krabbenpanzerteile.
Omey Island an sich ist nett, doch nichts im Vergleich zu Inishbofin. Deshalb zogen wir nordwärts weiter, von Strand zu Strand, von Entdeckung zu Entdeckung.



Als erstes kletterten wir hinter Barnanrusheen in den Klippen herum. Dann beobachteten wir weiter östlich im langsam auflaufenden glasklaren Wasser winzige Garnelen und Fische, einen kleinen Einsiedlerkrebs mit Schneckenhaus und eine braune Krabbe. Wie kindlich staunende Meeresbiologen schauten wir von großen Steinen aus in das riesige Aquarium mit den sich aufrichtenden Algen- und Tangwäldern hinein.




Am breitgezogenen, klippendurchsetzten Strand, der einmal mehr nur uns allein gehörte, wurden wir zu Zoologen: studierten angeschwemmte, hohle Krabbenpanzer, ein Vogel- und sogar ein Schafskelett.


Erst als wir die von Inishbofin kommende Fähre sahen, ging es wieder zum Auto.




Irgendwann waren wir in Letterfrack, dem Ausgangspunkt für Wanderungen im Connemara National Park. Nur war es dafür jetzt zu spät und viel zu warm. Nachmittags stiegen die Temperatur nämlich genau wie in Berlin auf bis zu 28 °C. Warum war es hier nur so heiß? Letzten Sommer flüchteten wir ins vermeintlich kühle Schweden, wo jedoch die Wälder brannten. Dieses Jahr gibt es Sonnenbrand in Irland. Da müssen wir 2020 wohl nach Island fahren oder besser gleich an den Nordpol. Mit der globalen Erwärmung kann es wohl noch heiter werden.
Wenn wir Rentner sind, überlegte Andrea bei einem Cappuccino in Veldons Seafarer, könnten wir eigentlich nach Irland ziehen. „Dann gärtnere ich und habe auch so ein Bed & Breakfast wie die Conroys. – Aber wenn du vor mir stirbst, bin ich hier alleine. Das wäre auch doof.“

Da sich nicht weit von Letterfrack die berühmte Kylemore Abbey befindet, die Andrea auf ihrer ursprünglichen Wunschliste hatte, fuhren wir hin. Und da waren sie, all die Touristen auf der Suche nach der berühmten Posterromantik. Was man derartigen Postern jedoch nicht ansieht, ist die dahinter steckende Geldmaschine (Eintritt je 14,- €), der volle Parkplatz, das Visitor Centre, der Craft & Design Shop, das Café, die mit Lageplänen umherirrenden Besucher … Nein, so was wollten wir uns dann doch nicht antun und machten vom Märchenschloss nur ein Foto aus der Ferne.
Unser Geld brachten wir lieber nach Clifden ins schattige E.-J.-King´s-Pub und gönnten uns vor dem Essen zwei kühle Guinness.

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