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Sonntag, 29. Oktober 2017

184 | Will you remember?


Unser Abschiedsessen nahmen wir Freitagabend bei „Stochos“ ein, in der immer gut besuchten Strand-Taverne. Stochos-Tochter und Kellnerin Evi überraschte mich, weil sie noch wusste, was wir drei Tage zuvor bei ihr bestellt hatten (Dorade und Hackfleischröllchen). Das könne sie sich sogar merken, bis ich im März mit meiner Freundin wiederkäme, behauptete sie. Ich werde es prüfen. Nun nahmen wir Lamm mit Gemüse, Spaghetti Bolognese und noch einmal die Röllchen in Tomatensoße. Während wir aßen, beobachtete ich, wie Evi den Tavernen-Kätzchen Essensreste auf das Tresendach warf. Nicht als Showeinlage, sondern aus als selbstverständlich empfundener Tierliebe. Im Ort gab es auch einen unbesetzten Flohmarkttisch, dessen Verkaufserlös - laut Hinweisschild - den immer hungrigen Miezen zugute kommt.
Selbst gut gesättigt gingen wir an unserem letzten Abend auf einen Abschieds-Absacker zu Manolis. Ganz allein saß er bei einer kleinen Flasche Mythos vor dem Fernseher und rauchte.


Wir bestellten Getränke und unterhielten uns lange über alles Mögliche, bis ein Paar reinkam, das ich noch vom Vorjahr kannte (und das seit 12 Jahren immer wieder hierher kommt).
Die letzte Nacht in Agia Galini verlief ruhig. Kein Wind rüttelte an den Fensterläden, kein Blitz und Donner über dem Apartment, keine Mücken darin. Nur Nachbar Hahn war ab fünf einmal mehr zu hören.
Wie ich vermutete, kamen vormittags viele Einheimische zu den Hafenbars, um den Nationalfeiertag mit Freunden und Verwandten zu feiern. Die überwiegend schwarz gekleideten Erwachsenen saßen im Schatten (es war wieder warm), die herausgeputzten Kinder spielten an der Palmenrabatte Fangen. Viele Jungs mit Hemd und Gürtel, die Mädchen mit weißen Strumpfhosen und Schleifchengestecken im Haar. Dass sie beim Spielen nicht lange feierlich aussehen würden, schien den Eltern wenig auszumachen. Und genau so muss das sein.



Auf dem Rückweg vom Frühstück winkten wir Evi am Stochos zu.
„Gute Reise!“, rief sie auf Deutsch.
„In the March“, rief ich zurück, „will you remember?“ Womit ich unsere Bestellung meinte.
„Yes!“, kam es lachend von hinten. „Dorade and lamb!“


Den Apartment-Pool hatten die Besitzer zwar wieder frisch aufgefüllt, doch für „ihr Spiel“ waren meinen Jungs zu viele Insekten darin. Außerdem fehlten mittlerweile nicht nur sämtliche Sonnendächer, sondern auch Liegen.
Also wurde gechillt und auf Evis Anraten eine Stunde früher als geplant nach Heraklion gefahren. Weil am „Ochi-Tag“ mit Straßenumzügen und Absperrungen zu rechnen war. Doch außer Fähnchen und Wimpelketten war nichts zu sehen. Die Umzüge fanden nämlich bereits um elf statt, meinte eine Kellnerin, bei der wir eine halbe Autofahrstunde vor Heraklion Gyros und Souvlaki aßen. (Weil der Flughafen nur überteuerte Sandwiches bietet.)
Sehr zeitig gaben wir dann unseren roten Flitzer wieder ab und ich tauschte am Heraklion Airport, obwohl es heiß war, meine Shorts gegen lange Jeans um. Danach hieß es: weiter auf das Boarding warten. Zum Glück herrschte in der Halle nicht so ein Chaos wie im Sommer. Desorganisation gab es trotzdem: Nach dem Kofferauswiegen musste nämlich jeder sein Gepäck wieder vom Band nehmen und durch die Schlangen zur Scanner-Förderanlage tragen. Anschließend wurden alle Berlin-Reisenden zum Gate 3 geschickt. Der Eingang zu den Gates 1-7 befand sich gleich nebenan. Doch da hieß es, nein, hier würde geschlossen. Also Rückstau und ab durch die Halle zum nächsten Eingang für die Gates 1-7. Verstehen brauchte man es nicht. Zu guter Letzt musste ich am Körperscanner auch noch meine Schuhe ausziehen, die bereits in Tegel Alarm geschlagen hatten. Dabei ist an ihnen nichts Metallisches dran.
Im Flieger war ich von nervigen Kindern umzingelt, und damit meine ich nicht meine Jungs. Es war laut und ruckelte beständig an der Rückenlehne (vor allem, wenn ich die Augen schloss). Meine Armlehne wurde von einer Fünfjährigen zur Ballettstange umfunktioniert und eng war es sowieso. Und dann die Herbststurm-Turbulenzen über Deutschland, die ich mit Johnson „Ingrid“ nicht weglesen konnte. Zum Glück überlebte ich auch die und wir landeten halbwegs sanft in Tegel. Meine Freundin war schon da; nur unsere Koffer kamen spät, aber sie kamen. Berlin und das Schmuddelwetter hatten uns also wieder.


Mein Abschlussfazit: Den Jungs und mir hat die Urlaubswoche sehr gut gefallen. Es gibt bereits Pläne für eine Wiederholungstour. Und falls mich im Winter das Fernweh befällt, werde ich eben Kleftiko zubereiten und mich im Blog von Kreta-Klaus festlesen. Der starb leider vor einiger Zeit, hat aber - sozusagen als Vermächtnis - seine Reiseberichte hinterlassen, die mit meinem Geburtsjahr beginnen.



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