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Sonntag, 10. Juli 2016

163 | Vom Abenteuer, einen Roman zu veröffentlichen - Warten


Das Video ließ sich nicht hochladen. Das Datenvolumen war zu groß. Ein Zeichen vielleicht, dachte ich wie Patrick, mein Protagonist. Außerdem, dachte ich weiter, bringt so ein Autorenvideo vermutlich eh nichts. Was man da bei youtube sehen kann, ist doch nur langweilig oder peinlich. So habe ich mein Filmchen vorerst auf Eis gelegt und stattdessen den 2. Teil von „Viriditas“ hochgeladen. Im zweiwöchigen Rhythmus sollen die restlichen vier Fortsetzungen folgen.
Noch läuft der Verkauf schleppend an. Gute Kritiken und positive Leserreaktionen wären hierbei sicherlich hilfreich. Oder clevere Marketingkampagnen. So habe ich vor, meine Homepage neu gestalten und einen Werbe-Flyer für das Buch entwerfen zu lassen, den ich unter die Leute streue. Ideal wäre es natürlich, wenn ein Leser dem anderen zuflüsterte: „Du, gönn dir mal diesen Tiber-Roman „Viriditas“ im Urlaub!“ Bei Nele Neuhaus hat es mit Mundpropaganda schließlich auch funktioniert. Also abwarten, Eistee trinken und weiterschreiben.
Viele Leute in meinem Bekanntenkreis würden „Viriditas“ beim Lesen lieber als „echtes“ Buch in den Händen halten. Das kann ich verstehen. Doch erst, wenn alle sechs Teile veröffentlicht sind, möchte ich mein „Baby“ fürs Regal drucken lassen.

(Fortsetzung folgt)

Zum 1. Teil von "Viriditas"

Sonntag, 26. Juni 2016

162 | Vom Abenteuer, einen Roman zu veröffentlichen - Selfpublishing


Von den fünf Verlagen hatte sich lediglich Heyne gemeldet. Ganz professionell mit Empfangsbestätigung und freundlicher Standartabsage. So wie es sein sollte. Was die anderen angeht, hält sich mittlerweile mein Medienkrisen-Mitleid in Grenzen.
Also Selfpublishing. Neudeutsch für Selbstvermarktung. Etwas, das ich ursprünglich nicht vorhatte. Schon weil bei einem klassischen Buchverlag mit Qualitätskontrolle die Spreu vom Weizen getrennt wird. Weil ich zum Weizen gehören wollte und Selfpublishing im Grunde jeder kann. Doch auch Leser erkennen - um im Getreide-Bild zu bleiben -, was unterhaltungsmäßig satt macht. Und wenn kein Weg zur Mühle führt, wird eben zu Hause gemahlen. 
Selfpublisher war ich schon: 1992 und 2002. Beide Male mit Gedichten, für die ich keinen Verlag fand. 1992 hatte ich für gut zwei Dutzend von ihnen im Selbstverlag 1000,- DM bezahlt. Titel des Heftchens: „Das Läuten meiner Narrenschellen“. Die höre ich heute noch, wenn ich an meine Jugendsünde zurückdenke. Es klingt wie zum Fenster rausgeworfene Münzen ... Zwanzig Jahre später entschloss ich mich bei einem Umzug, die letzten ungeöffneten Kartons aus der Druckerei zu entsorgen. Auch deshalb, weil nicht mehr als zwei, drei Gedichte die Zeit überdauert hatten.
2002 bezahlte ich für dreizehn in Flyer-Heftchen herausgegebene neue Gedichte kaum etwas. Nur die Kopierkosten. Doch der Traum, etwas dafür zu bekommen, war ebenfalls schnell ausgeträumt. Dabei waren die Gedichte diesmal wirklich gut. Aber sollte ich mich damit neben die Frau vom Bahnhof stellen, die für ein paar Cent Blümchen feilbietet? Oder wie ein reimender Motz-Verkäufer durch S-Bahn-Züge schlurfen?
Die heutige Möglichkeit, Texte als E-Books unter die Leute zu bringen, ist ein Quantensprung. Da ziehen sogar etablierte Verlage wie Droemer Knaur mit, der 2010 neobooks gründete.
Tipps und Grundlagen für Selfpublisher-Neueinsteiger erhielt ich vor allem bei www.selfpublisherbibel.de, einer von Matthias Matting gegründeten Internet-Seite. Die Idee, „Viriditas“ in sechs Teile zu splitten und bei amazon, dem größten E-Book-Distributor, hochzuladen, hatte ich jedoch schon vorher.
Gibt es einen Haken beim Selfpublishing? Nein. Aber Nachteile: Alle Rechte gehen an die entsprechenden Plattformen über. Nur nicht bei amazon. Dafür lassen sich dort sämtliche E-Books bloß mit Kindle-E-Book-Readern oder Kindle-Apps lesen. Und als Selfmademan muss ich selbst für die Vermarktung sorgen, was mich Schreibzeit kostet.
Dennoch überwiegen für mich klar die Vorteile. Denn ohne Selfpublishing als Alternative hätte ich neun Jahre lang für die Schublade geschrieben. Und falls mein Projekt anläuft und seine Leser findet, besteht immer auch die Chance, von den Scouts eines traditionellen Verlages entdeckt zu werden. Wie von denen, die ich Anfang März 2016 anschrieb. Gleichzeitig - Plan B! - bat ich eine Grafikdesignerin, mir für „Viriditas“ ein Buch-Cover zu gestalten. Ich wollte ein Tattoo-Motiv (Sonne mit Triskele) in sechs verschiedenen Farben. Mitte Juni, als die Verlagsfrist verstrichen war, stellten wir den 1. Teil „Der Teufelsbackofen“ online, was ich sehr aufregend fand. Da ich vorhabe, schreibend nicht nur das fantastische Genre zu bedienen, wählte ich ein Pseudonym: Johannes Tiber.
Meine Grafikdesignerin war die erste Käuferin. Schließlich wollte sie sehen, ob auch alles funktionierte. Das tat es. Nur ließ sich der Verkauf in der ersten Woche schleppend an. Weil natürlich keiner von dem Buch wusste und es in den Tausender-Bereich rutschte. Wie die Nadel im Heuhaufen.
Sechs Tage, nachdem „Der Teufelsbackofen“ bei Amazon hochgeladen war, ging ich in den Park, um dafür ein kleines Autorenvideo zu drehen. Als Vorlesestelle hatte ich die Blitzschlag-Szene ausgesucht. Und genau wie im Buch, zogen Gewitterwolken auf. Dann der erste Blitz und Donnerschlag. Ich war beeindruckt! Das waren Grüße von Brigid!
Die dramatische Kulisse hätte für den Film ruhig noch etwas in der Schwebe bleiben können. Aber es begann heftig zu regnen. Also klitschnass nach Hause, umziehen und den Dreh im Arbeitszimmer von vorn beginnen.
Ob das zehnminütige Video etwas bringt, kann ich nicht sagen. Aber ich werde auf jeden Fall darüber berichten.

(Fortsetzung folgt)

Zum 1. Teil von "Viriditas"

Samstag, 25. Juni 2016

161 | Vom Abenteuer, einen Roman zu veröffentlichen - Agenturen und Verlage


Wer sein mit Herzblut gesättigtes „Text-Baby“ klassisch veröffentlichen möchte, wendet sich direkt an einen Verlag. Sinnvoller ist es wohl, eine Agentur zwischenzuschalten. Die bekommt durchschnittlich 15 % des Autorenhonorars, handelt dafür aber auch bessere Konditionen aus. Das leuchtete mir ein.
Im Internet fand ich schnell Listen mit seriösen Agenturen. Darunter etliche, die auch Fantasy vertreten. Ein nettes Anschreiben, eine Leseprobe und ein Exposé waren schnell gemacht. Dann die Gretchen-Frage: einzelne oder mehrere Agenturen kontaktieren? Bei einer Bearbeitungszeit von bis zu drei Monaten fiel mir die Entscheidung leicht: Ich wandte mich an alle relevanten Berliner Agenturen. Der kurzen Wege wegen. Auch an eine, die sich auf skandinavische Belletristik spezialisiert hatte und beim Erstkontakt angerufen werden wollte.
Vor meinem Telefonat machte ich mir Notizen. Bloß nicht dilettantisch wirken. Als ich der Agentur-Chefin den Inhalt des Romans umreißen sollte, kam ich dennoch ins Stottern. Doch ich wurde verstanden und die Agenturchefin war an einer Leseprobe interessiert. Einige Tage später schrieb sie:
„Am Wochenende habe ich die Textprobe gelesen, die Sie mir netterweise gesendet hatten - und die hat meine Neugierde geweckt, so dass ich gern weiterlesen würde. Die beiden Hauptfiguren gefallen mir, Ihre Sprache ist wunderbar, und der Auftakt der Geschichte macht neugierig - würden Sie mir den gesamten Roman zusenden und mir ca. vier Wochen Zeit zum Lesen geben?“
Aber natürlich! Ich brachte „mein Baby“ sogar persönlich vorbei, mit jetzt ausgedrucktem Exposé und der Kurzvita.
Die Chefin war freundlich und freute sich auf die Lektüre, und soweit lief alles nach Plan. Nur blöd, dass ich nach den angekündigten vier Wochen keine Antwort von ihr erhielt. Aber ich wusste von einem Umzug in neu angemietete Büroräume; außerdem stand Weihnachten vor der Tür.
Am 6. Januar meldete sich eine Agentur-Praktikantin als Co-Leserin und erbat sich für das Manuskript ein Exposé. Aber das hatte ich doch mitgeschickt und mitgegeben! Na schön, das Umzugschaos. Per Mail bekam auch sie eines und ich war gespannt, wie mein Manuskript von der Chefin und ihr beurteilt werden würde.
Abermals verstrichen einige Wochen. Sechs, um genau zu sein. Dann meldete sich eine dritte Frau per E-Mail:
„Sie hatten der Agentur (...) im Herbst letzten Jahres Ihr Romanmanuskript "Viriditas" zugeschickt, vielen Dank dafür. Leider kamen wir wegen personeller Veränderungen erst jetzt dazu, dieses ausführlich zu prüfen. Ich muss Ihnen sagen, dass ich Ihr Buch gerne geprüft habe, aber doch von einer Vertretung durch unsere Agentur absehen möchte. Das soll keine Wertung sein, die Entscheidung beruht darauf, dass ich Ihren Text aus verschiedenen Gründen für schwer vermittelbar halte. Vor allem liegt dies an der inhaltlichen Ausrichtung: Durch die Zeitreise-Thematik bedingt hat er viele Elemente des historischen Romans, dies ist leider aber im Jugendbuch ein äußerst schwieriges Genre, wo die meisten Verlage eher verhalten sind. Zudem ist es mit zwei männlichen Protagonisten eher an die männliche jugendliche Zielgruppe ab 14 gerichtet, auch das ist im Jugendbuch ein Bereich, in dem verhältnismäßig wenig Verkäufe zu erwarten sind. Außerdem haben wir es mit einer etwas komplizierten Ausrichtung der Figuren zu tun: Patrick und Jakob sind 23, sie sind Studenten, und damit leider von der Lebenswelt der Zielgruppe doch sehr weit entfernt, noch mehr sogar, wenn sich später herausstellt, dass Jakob gleichzeitig sogar schon Vater ist. Dies alles sind Faktoren, die eine Vermittlung von vornherein schwer machen. Hinzu kommt, dass insgesamt eine Überarbeitung nötig wäre, der Roman müsste meines Erachtens nach um einige allzu ausgeschmückte Szenen gekürzt werden, um insgesamt die Handlung schneller zum Punkt kommen zu lassen und den doch recht hohen Umfang von fast 450 Seiten zu straffen. Auch sprachlich wäre eine Überarbeitung sinnvoll, um z.B. die Trennung von moderner Sprache und der Sprache des 16. Jahrhunderts noch konsequenter zu halten. Obwohl Ihr Schreibstil auch den Mitlesern hier in der Agentur durchaus gut gefallen hat, so möchte ich Ihnen wegen der beschriebenen Gründe für dieses vorliegende Projekt doch absagen. Für Ihren weiteren Weg wünsche ich Ihnen trotzdem auf jeden Fall alles Gute, mit freundlichen Grüßen (...)“
Von der Chefin und ihrer Praktikantin hörte ich nie wieder. Von der dritten Dame, deren konstruktive Kritik ich selbstverständlich annahm, auch nicht. Dabei verwirrte mich allerdings, dass sie von einem „Jugendbuch“ sprach. Als solches hatte ich mein Manuskript nie angekündigt. Seltsam. Und wie soll man die „Trennung von Sprache“ erreichen, wenn jemand aus der Gegenwart ins 16. Jahrhundert reist? Noch seltsamer. Immerhin bekam ich eine Ahnung davon, wie wichtig Leser- und Marktanalysen für den Bücherverkauf sind. Schließlich geht es um viel Geld.
Wegen der Seitenanzahl und geforderten Kürzung, die um 150 Seiten ja bereits erfolgt war, dachte ich mir: Die nächste Agentur wird den Wert meines „Rohdiamanten“ schon erkennen und von ihrem Lektor aufpolieren lassen. So schrieb ich guten Mutes weitere Literaturagenten an, drei auf Wunsch sogar postalisch. Vierzig waren es insgesamt, verteilt auf den gesamten deutschen Sprachraum. Einige große reagierten nicht, doch die meisten „prüften gerne“ mein „Projekt“.
Nach ein bis zwei Monaten kamen die Absagen. Das ernüchterte und sorgte für Zweifel. Was, wenn mich keine Agentur vertreten würde? Wie groß wäre dann meine Chance, direkt bei einem Verlag zu landen?
Nicht sehr groß, erfuhr ich bei einem Schreibseminar, das ich in der leidigen Wartezeit besuchte. Von den jährlich unverlangt eingesandten dreitausend Manuskripten (!) pro Verlag würde kaum mehr als eines (!) veröffentlicht. Weil Verlagsprogramme im Schnitt nur acht freie Plätze für Publikationen vorsähen. Von denen gingen fünf an Hausautoren und ein bis zwei an zu übersetzende Neuentdeckung von der Buchmesse. Tja, und die ein bis zwei „Projekte“ von No-Names (am besten Thriller oder Politkrimis) müssten schon sehr, sehr gut sein. Die Zeiten, wo Manuskripte von einem Lektor liebevoll optimiert wurden, wären längst vorbei. Bedauerlich, wenn dann noch ein Debüt mit Bestseller-Potential ausgesiebt würde, weil das Anschreiben fehlerhaft sei oder das Exposé unprofessionell daher käme.
So also sah die Wirklichkeit eines hart umkämpften Marktes aus. Und ich hatte immer gedacht, es käme allein auf das Werk an. Aber schön, ein letztes Mal wollte ich es wissen und schickte fünf großen Verlagen mit Fantasy-Programm per Post eine Leseprobe mit optimiertem Exposé: Heyne, S. Fischer, Klett-Cotta, Bastei-Lübbe und Aufbau. Für die Anschreiben, hatte man mir beim Seminar empfohlen, sollte ich mich mit dem aktuellen Verlagsprogramm vertraut machen und unbedingt telefonisch die „konkreten Ansprechpartner“ herausfinden. Bloß kein „Sehr geehrte Damen und Herren“, damit hätte ich bereits verloren. Empfangssekretärinnen gäben in der Regel bereitwillig Auskunft.
Das stimmte, letzten Endes klappte es aber nur bei Klett-Cotta. Denn keine Sekretärin konnte voraussagen, auf wessen Schreibtisch mein A-4-Umschlag landen würde. Dafür gäbe es in den großen Verlagen einfach zu viele Lektorate.
Drei Monate, las ich auf den Homepages, würde ich wieder warten müssen. Doch da ich mir kaum Erfolg ausrechnete, wollte ich die Zeit sinnvoll nutzen und Plan B vorbereiten: am offenen Ende von „Viriditas“ weiterschreiben und die geplanten 600 Normseiten als E-Book anbieten.

(Fortsetzung folgt)

Zum 1. Teil von "Viriditas"