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Montag, 2. Juni 2003

055 | Angeltour

Letzte Woche Dienstag fuhr ich mit meinem alten Angelfreund Peter zur Mecklenburger Seenplatte. Nach Jahren des Wir-müssten-mal-wieder-angeln-fahren-aber-gerade-passt-es-nicht hatten wir sogar ein Kanu dabei, selbstaufblasbare Iso-Matten und ein Zelt, das sich fast von alleine aufbaut. Wir brauchten uns also nur um die Fische zu kümmern. Bei 10,-€ pro Tag auf legale Weise, wenn man die Preise legal nennen möchte.
An der Einsatzstelle Klenzsee – zwischen Wesen- und Rheinsberg - ließen wir abends gleich das Boot zu Wasser und köderten mit Würmern, Mais und aromatisiertem Teig zwischen halb geöffneten weißen Seerosen. Peters kleine Match-Rute war meiner alten Stippe dabei bei weitem überlegen: Schon als die erste Rotfeder bei mir am Haken zappelte, stukte hinten die Stippe im Wasser. Also griff ich besser auch zur Teleskoprute.
Unter Nichtanglern kursiert immer noch der Irrglaube, Angeln sei deshalb langweilig, weil man stundenlang auf seine Pose stiere. --- Kaum hatten wir die Schnur im Wasser, wurde auch schon angebissen. Plötzen, auch eine Güster, Barsche und eben Rotfedern. Darunter sogar ein paar größere Exemplare, die wir trotzdem allesamt freiließen. Und selbst wenn es mal nicht so gut klappt – langweilig wird es nie. Irgendwann sieht man nach dem Köder, irgendwann verhakt oder verheddert sich was und irgendwann hängt der Erfolg am Haken. Falls nicht, bleibt die Natur als Anti-Stress-Programm. Back to Basics! Wasserläufer auf der glatten Oberfläche, poppende Libellen, ein Buntspecht, Haubentaucher, Blässhühner, kleine Ringelnattern, Bussarde, Graureiher und einmal auch ein Fischadler. Hier kann man sich wieder den Unterschied zwischen Stille und Ruhe bewusst machen, zwischen kennen und wissen.

Am nächsten Tag über einen schmalen Zulauf in den Gabenowsee und über den Drosedower Bach in den Rätzsee. An einigen Stellen ist die Natur so üppig mit Farnen bestückt, dass sie sich als prähistorische Kulisse vorstellt. Ringsum mangrovenartiges Unterholz und über einem der miauende Ruf des Bussards. Indian Spirit in MeckPomm!
Dass wir uns bei dem herrlichen Wetter leichte Sonnenbrände zugezogen hatten, bemerkten Peter und ich erst abends am Lagerfeuer, irgendwo an einer menschenleeren wilden Badestelle. Dass vom Paddeln und stundenlangen Sitzen Rücken und Hintern schmerzten, bemerkten wir schon vorher. Doch zur Naturburschenidylle gehört auch das Einsteckenkönnen. Ein lauwarmes Flaschenbier, ein „Westerntopf“ aus der Dose im Liegen und das Leben kann kaum besser sein. Marlboro-Feeling, nur ohne Zigaretten.
In der Nacht - kurz vor dem Einschlafen - dann der Überfall. Nur keine Indianer, die wären leiser gewesen. Rascheln draußen, Rascheln im Vorzelt. Ratten? Im Taschenlampenkegel ein Waschbär. Rotzfrech riss er eine der Verpflegungstüten um und krallte sich die Brotpackung. Später kam ein zweiter Waschbär dazu. Sie fauchten sich an, tobten im Kanu herum und fraßen, was sie dort finden konnten: Müsliriegel, übriggebliebene Haribos und eine Tüte Haferflocken zum Anfüttern.
Etwas unausgeschlafen am nächsten Morgen. Beim heißen Kaffee aus der großen Stahltasse: „Mensch! Alles Gute zum Vatertag!“
Auf den Seen tummelten sich von Stunde zu Stunde immer mehr Leute im Kanu, Paddel- und Faltboot. Die meisten hatten Bierfässchen an Bord, einer sogar eine schwarze Johny-Walker-Fahne am Heck. Bei der Hitze und dem Durst war es nur gut, dass die meisten Gewässer dort für Motorboote gesperrt sind.

Als Abends wieder Ruhe einkehrte, verlegte sich Peter aufs Blinkern und fing prompt zwei Hechte. Einer war maßig und musste dran glauben. Peters & Petri Heil! Weidgerecht erlegt und ausgenommen. Und ich?
An unserem letzten Angelmorgen fing ich an gleicher Stelle einen etwa gleich großen Hecht. Somit war nicht nur Anglerpatron Petrus gerecht, der Fang krönte auch die ohnehin perfekten 3 Tage. Dass Peter zum Schluss aus meinem Unterfangkescher einen Untergangkescher machte, fiel nicht ins Gewicht, nur ins Wasser. Aber ein schöner Grund, um den anderen aufzuziehen.

Vor der Heimfahrt hielten wir noch um zu baden und um Räucherfisch zu kaufen. Den allerdings nicht in Canow, sondern in Rheinsberg, denn das ist Kult. Rauchwarme Maränen! Besser als jede Marlboro-Werbung!

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