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Mittwoch, 8. Juli 2015

144 | Dinge


Welche Bedeutung Dinge im Allgemeinen oder Besonderen haben, mag jeder für sich selbst entscheiden. Da gibt es zwischen „sammeln“ und „entsorgen“ wohl die unterschiedlichsten Strategien und Prioritätensetzungen. Ich bekomme beides hin, aufheben und wegschmeißen, weil ich letzteres als wohltuend und ersteres als tröstlich empfinde. Gut erhaltene Gegenstände machen mich eben glauben, Zeit sei tatsächlich relativ. Und da persönliche Dingen immer auch Träger von persönlichen Erinnerungen sind, möchte ich einige von mir hier sporadisch bekannt machen.
Das „Smokie-is-the-best“-Portmonee

Ich muss es von irgendjemandem aus der Verwandtschaft 1979 geschenkt bekommen haben, am Ende der 1. oder am Anfang der 2. Klasse. Damals stand ich nicht nur auf Smokie, sondern auch auf Boney M. Zumindest hatte ich mir auf einem Polen-Markt einen Gürtel mit Bilder-Schnalle der Frank-Farian-Truppe gekauft.
Die Musik beider Bands wurde Mitte/Ende der 70er im Radio rauf und runter gespielt. Und das wird sie auch noch heute. Zwar bin ich seit meinem 16. Lebensjahr musikalisch vor allem den 60ern treu. Doch wenn ich allein im Auto sitze und „It´s Your Life“ oder „Lay Back in the Arms of Someone“ gespielt wird, schalte ich die Lautstärke hoch und singe mit. Hört ja keiner. Wird auch nie jemand erfahren.
Ins Innere der Brieftasche hatte ich übrigens „Smokie for ever!“ geschrieben. Als hätte ich es geahnt.
Die „Euro-Hitparade“-Kassette

Wäre nicht dieses Siebziger-Disco-Design und steckte keine Audiokassette dahinter, könnte man den Titel mit dem Eurovision Song Contest assoziieren. Oder mit Ländern, welche die Eurozone verlassen wollen. Dabei stammen die Songs wie - Achtung! - „It´s Your Life“ aus einer Zeit, die mit €urokrise und Grexit nichts anfangen konnte. Zwar sind alle englischsprachigen Lieder darauf gecovert, doch das überhört man. Oder ich überhöre es. Weil die einstige Kassette meiner Eltern früher so oft lief, dass alles so klingt, wie es klingen muss. Für mich ist die MC von 1977 ein Stück heile Kindheit: Es war das letzte Jahr, dass mein Vater bei uns wohnte. Es wurde gelacht, gefeiert und getanzt. Wie bei den Griechen nach ihrer Volksabstimmung. Als gäbe es keine Krise und kein Morgen.

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