Letzten Sonntag habe ich die erste lange Radtour dieses Jahres gemacht. Und dann gleich 4 Stunden im Sattel gesessen. Jede dieser Stunden kostete anschließend meinem Hintern einen Tag Regeneration. Dabei wollte ich eigentlich nur durch den Grunewald fahren, ganz entspannt, wie einst die Könige mit ihren Mätressen, wenn sie aus dem Jagdschloss kamen. Aber für die Spazierfahrtidylle waren zu viele Hunde mit Herrchen und Frauchen unterwegs. Klein, groß, dick, doof, über- oder unterzüchtet. Herrchen, Frauchen und Hunde. Letztere sind ja schließlich auch nur Menschen. Und manch kleiner Kläffer, bulliger Boxer oder versnobter Windhund wirkte wie das Alter Ego seines Strippenziehers.
Dann gab es Hunde, die Radfahrer und Biker anfallen („Der will bloß spielen ...“), Hunde, die nicht ausweichen können, und Hunde, die an langer Leine als wandelnde Fallen unterwegs sind. Das Wort Slalom musste neu definiert werden.
Selbst im Grunewaldsee: lauter Hunde. Was Wunder, dass der Nachbarsee „Hundekehlesee“ heißt.
Also machte ich, sobald es ging, einen großen Bogen um den Wanderzirkus und fuhr parallel zur S-Bahn und Avus an zwei Kleingartenkolonien vorbei (Kolonie „Hundekehle“ und Kolonie „Hundekuhle“!). Dort: Ruhe und Schlaglöcher, Kinder, die schaukeln, Mütter, die Beelitzer Spargel schälen, und - nur noch ab und an: ein Hund.
Am Großen Stern, wo die Avus untertunnelt ist, suchte ich das Weite: bis zum Havelstrand, die Havelchaussee südlich, und dann den Kronprinzessinnenweg weiter zum S-Bahnhof Wannsee. Weil es langsam Spaß machte, folgte ich der Königstraße als Königstrecke Richtung Potsdam.
Im Pavillon des Glienicker Schlosses machte ein Fotograf bei perfektem Licht erotische Aufnahmen von einem Model auf Highheels mit kurzem Rock, langem, offenem Mantel und professionellen Posen. Sie arbeiteten diskret und leise.
Auf der Glienicker Brücke, 100 Meter weiter, war es dagegen laut, keine Kulisse mehr für einen Agentenaustausch, dafür alles schön saniert. Aber eben zu viel Lärm für den Eintritt in Brandenburgs ruhige Hauptstadt. Denn Potsdam bleibt für mich zwar eine Stadt mit Potential, großen und verstreuten Kunstschätzen, ist im Grunde aber langweilig-gediegen. Stahnsdorf und Teltow, Orte, die auf meiner weiteren Route lagen, sind dagegen zu komplex, als dass ich sie mit einem armen, aber gemütlichen märkischen Dorf vergleichen könnte: Bürgerhäuser und Plattenbauten zwischen Normalität und einigermaßen blühender Landschaft. Aber nichts Reiz- oder Geheimnisvolles im Vorbeifahren.
Obwohl gerade Teltow links und rechts der Hauptstraße kein Ende zu nehmen scheint, kommt der Übergang nach Berlin abrupt. Plötzlich ist man in Lichterfelde oder Zehlendorf. Dort sieht es nicht großstädtisch aus, aber es ist immerhin Berlin. Und irgendwo darin wusste ich am Sonntag meine Dusche und meine Couch. Alles andere durfte auf der Strecke bleiben.
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