Hoppla, da bin ich wieder! Auferstanden bereits am Karfreitag, wenn auch erst gegen Mittag. Immerhin, denn Frühjahrsmüdigkeit und Nieselwetter wollen mich glatt wieder ins Bett schicken. Ein wenig fühle ich mich wie die Bäume da draußen, die in sich ruhen, aber nur halbherzig blühen und darauf warten, dass ihnen der Lebenssaft von alleine einschießt. Ich genieße – nach der gestrigen Einkaufshektik – die Stille, höre (kein Widerspruch!) die Meisen durchs offene Fenster und vermisse höchstens noch das Knacken einer alten Schallplatte oder das brennender Holzscheite im Ofen, um mich vollends behaglich zu fühlen. Behaglich und etwas kraftlos, ja, das trifft meinen Zustand. Vielleicht hätte ich mir mit der Auferstehung bis zum Sonntag Zeit lassen sollen; aber der Winter war schließlich lang genug.
Ich recke mich, prüfe schon mal den Reifenluftdruck am Fahrrad und wische liebevoll den Staub vom Angelkram. Jetzt, da das eigentliche Jahr beginnt, wenn die ersten Angler am See sitzen. Davor war nur Geplänkel und Wunsch nach kleinen oder (besser!) großen Fischen („Manntje, Manntje, Timpe Te ...“). Mal sehen, was dieses Jahr anbeißt: abgetauchte oder neue Freunde, das große Glück? Hält die Schnur? Geht man baden?
Vom Fenster aus beobachte ich die lange Schlange vor der Neuen Nationalgalerie. „MoMA“ heißt das Stichwort und die Ausstellung in eigener Sache: Museum of Modern Art. Ausgesprochen wirkt es (ausgesprochen gut). Als Abkürzung hört es sich lächerlich an: MoMA! Wie der Name eines Indoor-Spielplatzes. Für eine Dada-Ausstellung wäre es okay, nur nicht für die visuellen Kavierhäppchen der Top-Moderne. MoMA klingt so hipp wie gleichnamiger Babybreihersteller in Werbespots rüberkommt. Aber wie unwichtig ein Name letztlich ist, weiß man ja nicht erst seit „Romeo und Julia“. Hingehen werde ich auf jeden Fall - wenn es sich ausgeschlängelt hat.
Falls es hier jemanden gibt, der/die meine Tagebuchaufzeichnungen (besser: Wochenbuchaufzeichnungen) regelmäßiger liest, als ich sie verfasse, wird er/sie sich vielleicht fragen, was ich die letzten beiden Monate getrieben habe. Die Antwort ist einfach: Wenn ich das abziehe, was mir zu privat oder banal erscheint, bleibt unterm Strich nicht mehr viel übrig. Geschrieben: (fast) nichts. Ausstellungen: (noch) nicht. Konzerte: nein. Kino: selbst das nicht. Vielleicht mal gut essen, aber davon kann ich nicht in einer Tour berichten. Kulturell bin ich also aus dem Training, halte mich höchstens mit Lesen geistig in Form (Tucholsky-Biografie).
Tja, manchmal macht der Alltag selbst aus Berlin ein Dorf. Man lebt nicht viel anders als in der Provinz, man hat nur mehr Möglichkeiten - neben Frühjahrsputz, Freundschaftsbesuchen und Feierabendbier. Wer die Berliner Möglichkeiten allerdings längerfristig nicht nutzt, sollte sich fragen, worauf sich sein Lokalpatriotismus (so er/sie hat) bezieht.
Die Meisen sind still geworden da draußen ...
Ob die Menschen in der Schlange vor der Neuen Nationalgalerie mehr Angst vor Anschlägen haben als die Angler im abgeduckten Umland? Nur so ein Gedanke. Und bevor ich das Fenster wieder schließe:
Wo auch immer ihr seid: Frieden & fette Beute, urbi et orbi, also: alles Gute zum neuen Jahr!
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