Am Freitagnachmittag fällt die Woche von einem ab. Alle Gesichter wie ausgewechselt. Das gestrige Licht als Erfüllung jeglicher Sehnsucht, und das als Kurstadt empfundene Berlin liegt sichtbar am globalen Meer. Also zuerst einen Strandspaziergang durch den Mauerpark vom Prenzlauer Berg. Vier Trommler geben schon von weitem den Rhythmus fürs Wochenende vor. Basketballer bewegen sich in Videoclip-Ästhetik. Dann Jongleure, Skater-Akrobaten und Beck´s trinkende Zuschauer. Ich fühle mich gut. Wärme, Sonnenbrille und Schluffi-Klamotten, was braucht´s mehr?! Dass der Sommer seinen Höhepunkt überschritten hat, ist bloß ein Gerücht.
Später im Prater-Biergarten. Noch ist es halbwegs leer. Gemessen daran laufen viele Kleinkinder rum, zwei sogar nackt. Auf das Hefeweizen vom Fass freute ich mich seit Tagen. Dazu gegrillter Leberkäse im Brötchen und eine Laugenbrezel. Ich wundere mich, warum es in der Hauptstadt keine Buletten gibt.
Dann rüber zur Kulturbrauerei. Renate Künast wird zu 19.00 auf Plakaten angekündigt. Aber deswegen bin ich nicht hier. Es ist 21.00. Menschen mit Kuh-Flecken-T-Shirts kommen mir entgegen. Vor dem "Palaise" ist Gedränge. Drinnen spielt eine Band. Blues-Brother-Songs. "Grün wirkt" wird beweglich an die Wand projeziert, die Schrift natürlich in Grün. Und immer wieder der Slogan: "Kühe würden Künast wählen". Welche Rindviehcher waren für diese Kampagne verantwortlich, frage ich mich und halte einfach mal nach der Künast Ausschau. Die steht aber schon direkt neben mir, mit einem Beck´s in der Hand und in ein Gespräch vertieft. Ob die Beck´s trinkt, weil die Flaschen grün sind? Oder weil dieses Berliner In-Bier Basisnähe demonstriert? Hm, wer weiß, vielleicht schmeckt es ihr einfach.
Neben ihr ein junger Mann im Anzug, Bodyguard? Dafür zwinkert er zu oft mit den übermüdeten Augen. Keine Konzentration, kein Personenschutz. Was, wenn ich der Frau Künast das Bier wegnehmen würde? Was, wenn sich ihr so ein Verrückter mit Geflügelschere nähert wie am Vortag beim Schäuble im Würtembergischen?
Polizei gibt es erst am Ausgang. Einige Straßen weiter trägt jemand einen Kasten Beck´s zu einer Party, und ich bin immer noch nicht dahintergestiegen, was das Bier so trendig macht.
In einer Kneipe bestelle ich Wernesgrüner vom Fass. Kein Trotz. Trotzdem Kopfschmerzen heute Vormittag. Und keine Aspirin im Haus. Lässt sich aber aushalten, wenn ich an gestern denke.
Wie es Frau Künast wohl geht?
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