Seiten

Dienstag, 2. Juli 2019

209 | Dublins stille Ecken

Gestern wurden wir vom Presslufthammer geweckt. An der Hochbahnbrücke gegenüber hatte man zu bauen begonnen. Und dann ertönte auch noch irgendwo eine Alarmanlage.
Wir brachten das furchtbare Frühstück hinter uns und liefen zur Francis Street, wo es einige Antiquitäten-Geschäfte gibt. Die meisten haben edle Möbel und Kunstgewerbe in ihren Auslagen. Ein Laden aber auch Kuriositäten wie einen ausgestopften, als Jäger verkleideten Hasen.
Nach einem Cappuccino-Stopp warfen wir einen Blick in die menschenleere Saint James´s Church, die im Gegensatz zur Saint Patrick´s Cathedral ohne Eintrittsgeld betreten werden kann.
Am südlichen Liffey-Ufer ging es zurück ins Zentrum. Dabei fiel uns immer wieder auf, wie viele kaputte Typen es in Irlands Hauptstadt gibt. Oft noch recht jung und mit Jogginghosen unterwegs. „Die Schattenseiten von Dublin“ wurde bei Andrea und mir zum geflügelten Wort.
In der Porterhouse Temple Bar tranken wir was, dann tingelten wir ziellos durch das Temple-Bar-Viertel.
Wir schlenderten zum Spire, wo wir einem Straßenkünstler zusahen, und am Hauptpostamt vorbei.
Dort hatten beim Osteraufstand 1916 die Rebellen ihr Hauptquartier, bevor sie von den Briten bezwungen wurden.
Auf Dublins Hauptstraßen schienen nur Doppelstockbusse und Taxis zu fahren und Fußgänger vor allem bei Rot über die Fahrbahn zu eilen.
Als uns die Ideen ausgingen, was wir noch unternehmen könnten, entdeckten wir am Parnell Square das Dublin Writers Museum. Hier zahlte ich gern zweimal 7,50 € Eintritt. Vor allem, weil Andrea und ich einmal mehr die einzigen Besucher waren. Liest ja auch keiner mehr. Zumindest nicht die Klassiker. 

Wir bekamen zwei Audioguides und konnten uns auf Deutsch chronologisch Geordnetes über Swift, Shaw und Co anhören. Zu sehen gab es neben Bildern und Büsten auch Einzigartiges. Zum Beispiel Brendan Behans Gewerkschafts-Karte mit Passbild und Fingerabdrücken.
Oder Samuel Becketts (1906 - 1989) Pariser Telefon, mit dem er unliebsame Anrufer blockieren konnte, während er auf Godot wartete.


Den Poeten Patrick Kavanagh (1904 - 1967) kannte ich nicht. Wie andere irische Schriftsteller hatte er mit der prüden katholischen Moral so seine Probleme. Als „The Great Hunger“, eines seiner längsten Gedichte, 1942 nur zensiert erscheinen konnte, ging er kurzerhand in eine Buchhandlung und schrieb mit dem Füller rotzfrech das Fehlende hinein.
Im Obergeschoss sahen die Räume recht herrschaftlich aus.

Von den Swastika-Ornamenten (Hakenkreuze) auf einem Teppich abgesehen.
Oscar Wilde (1854 - 1900)

George Bernard Shaw (1856 - 1950)

James Joyce (1882 - 1941)

Brendan Behan (1923 - 1964)

Für unser vorgezogenes Abendessen fanden wir in der Chatham Street ein wirklich gutes Pub – das Sheehan´s, wo wir anfangs ganz allein waren.

Später setzten sich ein älterer Mann mit Ehering und eine sehr junge Frau Händchen haltend an den Tresen. Der Chef und seine Praktikantin, vermuteten wir. Als unser Essen (Lamb Shank & Irish Stew) gebracht wurde, kamen noch weitere Gäste herein.
Den Abend ließen wir wieder im Hotel ausklingen, und heute ist schon Abreisetag. So schnell können anderthalb Wochen vergehen.


Unser Fazit: Dublin (mit seinen Schattenseiten) haben wir ausreichend erkundet. Übernachten werden wir zukünftig dort nicht mehr. In Connemara aber waren wir ganz sicher nicht das letzte Mal.

Keine Kommentare: