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Donnerstag, 14. August 2008

094 | Die volle Packung Kultur ...

... kann man bei Radio Eins gewinnen. Ein Wochenend-Gutschein-Paket für zwei Personen im Kultur-Eldorado Berlin. Augenzwinkernde Bedingung dabei: Das Wochenende muss sexfrei bleiben („Gelübde der sexuellen Enthaltsamkeit“).
Da ich nie beim Radio anrufe und auch nicht viel von Gelübden halte, stellte ich mir meine Packung Kultur für die letzten Tage selbst zusammen:
Als erstes war ich wieder einmal in der Alten Nationalgalerie, um mir die Ölbilder der Romantiker und Impressionisten anzusehen. Und natürlich Schadows süße Prinzessinnengruppe aus Marmor. Anschließend fuhr ich zum Hauptbahnhof, wo davor jeden Sommer weniger zeitlose Skulpturen als „Sandsation“ ausgestellt sind. In einer Sandoase des Großstadtdschungels.
Abends ging es ins Chamäleon-Varieté der Hackeschen Höfe, zu „My Life“, einer seit Mai laufende Akrobatik-Show. Eigentlich nicht mein Fall, aber hier war ich begeistert. Sechs junge internationale Künstler traten mit einer selbst choreografierten Darbietung aus Luftakrobatik, Jonglage, Gesang und Tanz auf. Das Ganze auf einer sich zentral im Raum befindlichen Bühne. Da war so viel Dynamik, Berlinlässigkeit und Können, dass am Ende der ganze Raum rockte. Die Darsteller verzichteten auf glitzernde Show-Kostüme und wirkten anfangs wie ganz normale Berlin-Touristen aus dem Publikum. Nur, dass sie sich am Seil wie Spiderman bewegen konnten oder wie Neo aus „Matrix“ durch die Luft zu rennen schienen. Musikalisch gab es dazu unter anderem Big Beat, der mich an „Spybreak!“ von den Propellerheads erinnerte. Im Hintergrund Zeitraffer-Clips Berliner Locations vom Beamer. Wow!
Dann war ich in den Neuen Kammern von Sanssouci. Rokoko als Kontrastprogramm. Blöd nur, dass in dem ehemaligen Gästehaus ebenfalls auf Kontrastprogramm gesetzt wurde: In allen Räumen hatte man „Gegenwartskunst“ untergemogelt. Auf den steinernen Fußbodenrauten der Ovidgalerie lagen zur Irritation (oder wozu auch immer) Glasfliesen, welche sich tarnten, indem sie die Muster der Fugen wieder aufgriffen. Trat ein in die Stimme des Audioguides vertiefter Besucher versehentlich darauf, gab es Ärger mit der Aufsicht. Die war auch hinterher, wenn sich jemand auf einen der bereit stehenden Stühle setzte. Denn das sei zwar erlaubt, aber nicht das Anlehnen. Schließlich waren einige Besucher nur noch damit beschäftigt, weder in den Räumen noch beim Personal anzuecken.
Ich dachte währenddessen über Doppelmoral vergangener Zeiten nach, angelockt vom Gold der Metamorphosen-Darstellungen in der Ovidgalerie. Dort ist nämlich einmal mehr Leda unterm Schwan zu sehen. Also Sodomie. Am anderen Ende des Parks, im Neuen Palais, hängen „Loth und seine Töchter“ an der Wand. Die Töchter wiederum hängen so sehr an ihrem Vater, wie es verbotener nicht geht. Also Inzest. Derartige Darstellungen mythologischer und alttestamentarischer Szenen waren gesellschaftlich sanktioniert. Nicht aber, seine hübsche Nachbarin nackt zu malen oder eine hübsche Herrscherin wie die Kaiserin von Österreich: Elisabeth.
Das gleichnamige Musical sah ich mir am Ende meiner vollen Kulturpackung an. Mein erstes Musical! Und es war alles perfekt, sofern ich das beurteilen kann: Inszenierung, Gesang, Kostüme ...
Aber ich wusste es schon immer: Musicals sind nicht für mich gemacht. Opern wohl auch nicht.
Nachdem sich meine Kulturpackung wie eine Tüte mit süßem, salzigem und geschmacksneutralem Popcorn geleert hatte, wollte ich nur noch eines: die Füße hochlegen. Und das geht am besten zu Hause. Hin und wieder ist so ein Fernsehabend ja auch nicht zu verachten.

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