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Montag, 29. April 2002

015 | ***

Gestern Abend war ich mal wieder Cocktails schlürfen. Im Friedrichshain, genauer: in der Simon-Dach-Straße. Denn im Kino läuft zur Zeit nichts, was mich interessieren könnte, und immer zu Hause das Leben versparen oder Freunde besuchen, wenn das Wetter Kopfschütteln verursacht, ist auch nichts.
Nach 20.00 Uhr gab es im "Zehn vorne" noch Happy-Hour-Schnäppchen. Alles 1,50 Euro weniger. Der Caipi also 3 Euro. Geschmacklich war er okay, wenn er auch optisch wenig hermachte. Überhaupt konnte ich mich mit der Star-Trek-Deko wenig anfreunden. Eher spaßig als space-ig und trotzdem trist. Ich kam mir wie Major Tom in den unendlichen Weiten der angemalten Galaxien vor. Eine Mischung aus FEZ-Kosmonautenzimmer mit Pornokinokuschligkeit. Es roch auch ein bisschen wie in einer ungelüfteten Raumstation.
Stil- und voller war es dagegen im HABANA. Die Drinks aber auch doppelt so teuer. Ernüchternde 8 Euro der Mojito. Der frozen Strawberry-Daiquiri war zwar lecker, schmeckte jedoch nach alkoholfreiem Sorbet. Und das im vor einem Jahr noch als Szene-Tipp gehandelten Friedrichshain. Da gibt es manchmal kaum einen Unterschied zum Hackischen Markt. Oder zum Kollwitzplatz. Passen sich die Lokale dem Publikum an oder verhält es sich umgekehrt? Also "Back to the Roots"? Vielleicht Kreuzberg neu entdecken?
Tjaja, der Berliner hat es schon nicht leicht. Man erkennt sein leidgeprüftes Gesicht am besten in der Gruppe. Touristen gehen erwartungsfreudig in eine der Bars, junge Einheimische stehen oft leicht angenervt davor und können sich nicht entscheiden. Wer das anzweifelt, muss nur im Vorübergehen hinhören: "Und was jetzt?" – "Ins Hundertwasser?!" – "Och nö, nich schon wieder, da kannste nur gut brunchen ..." – "Dann schlag was Besseres vor!" – "Wie wärs mit der Dachkammer!" – "Da warn wir doch erst letztens." – "Also was jetzt?!" Und wieder ist ein Abend unter Freunden vertan ...
Ob sich irgendwann die bürgerlich-verschnarchten Bezirke zu Geheimtipps des nächtlichen Treibens mausern werden oder ob der trendbewusste Berliner möglicherweise Potsdam zur Partygarnison erklärt, bleibt abzuwarten. Am 1. Mai ist auf jeden Fall alles andere besser als Kreuzberg.

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