Das letzte Mal war ich vor achtzehn oder neunzehn Jahren in Leipzig. Damals hatte das Messegelände gerade eröffnet und die Stadt sich vom Dreckspatzen zum Phönix gemausert. Wie in Erfurt, Dresden und Leipzig hieß es auch hier: Die Stadt ist schön geworden. An die Treppen in der Glashalle, wo es geschäftig wie von einem Bienenstock summt und brummt, kann ich mich noch erinnern. Und was die Stellflächen der Hallen 1-5 angeht: gefühlt wie gehabt. Verlage präsentieren sich mit einladend oder abweisend wirkenden Leuten, in Foren wird interviewt, gelesen und diskutiert. Ende der Neunziger gab es natürlich keine Messestände von Amazon, Tolino und Co. Mit Begriffen wie Self-Publishing, E-Book und Bloggerlounge hätte ich damals auch nichts anfangen können. Was mich noch heute befremdet: all die übergewichtigen Jugendlichen, die in knuddeligen Fantasy-Kostümen zur 4. Manga-Comic-Convention (Halle 1) pilgern und als lebendige Zeichentrickfiguren ihren vermeintlichen Realitätsverlust öffentlich machen. Die übrigen Besucher sehen genormter, jedoch vielfältiger aus. Von adrett bis verbildet ist alles dabei. Und manch älterer Herr, wie jener vom Imbiss-Stand, der sich Milch aus dem Dosierständer auf seinen Wiener-Würstchen-Teller drückt, entspricht ganz dem Klischee vom armen Poeten bzw. Leser.
Nachdem ich ein Interview mit Nika Lubitsch, der Krimi-Autorin und Self-Publishing-Millionärin, verfolgt habe, gehe ich rüber ins Congress-Center. Dort bin ich für einen dreistündigen Autoren-Workshop angemeldet. Thema: „Social Network richtig nutzen“. Moderiert wird das Ganze von Wiebke Ladwig und Maria Koettnitz. Mit mir sind zwölf interessierte Schreiber gekommen, die nach drei kurzweiligen, informativen Stunden wissen, dass a) Instagram besser genutzt werden sollte, wir b) eine Facebook-Gruppe gründen und c) man seine vertraute Social-Media-Blase mit anderen Blasen vernetzen muss. Oder so.
Am nächsten Tag, einem Samstag, wird durch die Stadt geschlendert. In den Parks macht sich bei bestem Wetter Frühling breit. In der Plagwitzer Karl-Heine-Straße kommt man vor studentischen Cafés auch ohne Heizpilze aus. Überall gibt es etwas zu entdecken,
vom 1-Euro-Antiquariat mit DDR-Büchern (Buch & Antik Volksbuchhandlung) bis zum liebevoll eingerichteten „Handmade- und RecordStore“ (www.WestFach.de).
Vor allem aber Leichtigkeit und Lebensfreude.
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