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Dienstag, 9. August 2016

164 | Schweden-Road-Trip 2016


Anfang August war ich mit meinen drei Söhnen (21,12,12) in Schweden. Der Plan: campen, angeln, Lagerfeuer und weitestgehend planlos sein. So war der Ablauf:

1. August: Von Berlin aus fuhren wir zum Fähranleger nach Sassnitz (Rügen). Falls etwas dazwischenkommt, hatte ich extra nichts übers Internet gebucht. Ein Fehler, wie sich schnell herausstellte, denn in der Ferienzeit, hieß es, sind fast alle Fähren ausgebucht. Doch wir hatten Glück. Fünfzehn Minuten vor dem Ablegen gab es noch Restplätze für PKW an Bord. Einen davon für uns und ordentlich Aufschlag. Punkt 13.00 Uhr ging die vierstündige Überfahrt los. Mit Sonne, Wind und Möwengekreisch.
Die Wartezeit verkürzten wir uns unter anderem mit dem Euro-Füttern der schiffseigenen Spielautomaten.
In Trelleborg hoben wir Schwedische Kronen ab und stärkten uns bei McDonald´s, wo es wesentlich angenehmer war und besser schmeckte als in Deutschland. Dann fuhren wir mit Oldies von Radio Retro FM nordwärts und suchten nach einem idyllischen Platz für unser Zelt. Da man es in Schweden dank Jedermannsrechts für eine Nacht praktisch überall aufstellen kann, sollte das kein Problem sein, dachten wir. Aber das war es. Jeder Weg zu einem der Seen führte auf ein Privatgrundstück oder zu einem Campen-verboten-Schild. Erst mit der Dunkelheit fanden wir ein Fleckchen am Vombsjön-See, wo bereits zwei Wohnmobile standen. Also Zelt aufgebaut, Lagerfeuer gemacht und ankommen. Und über uns die mysteriös schöne Milchstraße.

2. August: Der Tag begann wie auch die folgenden mit türkischem Kaffee und Tee vom Gaskocher. Trinkwasser hatten wir im Kanister dabei. Dann Indianer-Frühstück mit Eiweißbrot, Salami und Ziegenkäse zur Musik aus der mitgebrachten Musik-Box. Dann Geschirr abwaschen und baden im Vombsjön, wo - wohl wegen des Angelverbots - ein glücklicher Hecht sprang. Anschließend machten wir auf erneuter Suche nach einem Lagerplatz eine regelrechte Ochsentour: 7,5 Stunden! Schließlich landeten wir auf dem wirklich guten Campingplatz von Älmhult am Möckeln-See. Dort geduscht, gegessen und gechillt.

3. August: Nach dem Frühstück kaufte ich für 10,- € eine Angelkarte. Bloß ohne Kanu, das wir wegen des mittlerweile schlechten Wetters nicht ausleihen wollten, sah es mit den Fischen nicht sehr vielversprechend aus. Ein winziger gefangener Barsch war auch schon alles. Am Spätnachmittag setzte Regen ein und hielt sich bis Mitternacht. Vorher kochte ich noch eine Soljanka und am Feuer wurden aufgespießte Würstchen gebraten. Beim Holzsammeln fanden wir jede Menge kleiner köstlicher Himbeeren im Wald.

4. August: Trotz des Regens, der uns bewog, eine weitere Nacht auf dem Zeltplatz zu bleiben, gab es morgens noch Glut in der Lagerfeuerasche. Die reichte, um die übrigen Würstchen für das Frühstück in einer Aluschale zu brutzeln. Über die nass gewordenen Campinghocker zogen wir Müllsäcke als Hussen. Nach dem Abwaschen wurde erneut geangelt. Diesmal schwarz und vom Badesteg aus. Die wieder freigelassene Ausbeute: eine kleine und zwei große Plötzen. Nachmittags schlenderten wir ins Centrum von Älmhult, kauften Kaviercreme und dickflüssigen Blaubeersaft, der nach leckerer Kaltschale schmeckte.
5. August: Weil das Regenwetter anhielt, so ein Urlaub jedoch nicht ewig währt, bauten wir nach dem Frühstück die nassen Zelte ab - unser Vier-Mann-Zelt und ein kleines Wurfzelt, das uns beim Zusammenfalten fast zur Verzweiflung trieb. In Ryd wurde eine neue Gaskartusche gekauft und in Tingsryd neuer Blaubeersaft. Anschließend gab es Pommes und Cola am Imbiss hinterm Supermarkt; dann ging es weiter Richtung Küste. Von Kalmar aus fuhren wir über die 6 km lange beeindruckende Ölandbrücke auf Schwedens zweitgrößte Insel. Am Strand hinter Bjärby fanden wir endlich unseren idealen Campingplatz: Für umgerechnet 5,- statt 25,- € bauten wir die Zelte neben einem kleinen Wohnwagenplatz unter Kiefern auf. 70 m weiter die 15 Grad kalte Ostsee, dazwischen, von einem Dünenstreifen geschützt, eine Feuerstelle. Da außer unseren nur drei andere Zelte standen, hatten wir die Feuerstelle fast für uns allein.
Und wir hatten endlich Sonne, wenn auch auf Öland die Temperatur kaum höher als 20 Grad betrug. So konnten unsere nassen Klamotten trocknen und wir am Strand, wo sich einige Tagesgäste tummelten, Fuß- und Volleyball spielen.

6. August: Gut und regenfrei geschlafen. Wie immer war ich als erster auf den Beinen und ging um 6.30 Uhr bei Sonnenschein barfuß zum Ostseesteg, um ein wenig zu blinkern. Außer hängengebliebenen Tang- und Quallenfetzen hatte ich erwartungsgemäß aber nichts gefangen. Also zurück zum Lager, das Frühstück vorbereitet und nebenan auf einer Waldkoppel zwei Schimmel mit Fohlen beobachtet.
Öland soll ja, laut Reiseführer, der sonnenreichste Ort Schwedens sein und deshalb immer auch die Königsfamilie anziehen. Was bietet die Insel noch? Jede Menge Windmühlen, rote Häuser und Runensteine - wie den von Bjärby.
Auf einem Spaziergang nach Lopperstad entdeckten wir ihn direkt neben der Straße.
In Runsten strichen drei Rentner einen Holzzaun (klassisch ochsenblutrot) und der Eingang zur Kirche wurde für eine Hochzeit mit Baumgrün geschmückt. Das einzige Café im Ort hatte zu, auf den umliegenden Grundstücken wurde samstäglich im Freien gefrühstückt. Ein freundliches Nicken hier, ein Winken da oder ein „Hejhej!“ über den Gartenzaun.
Mittags fuhren wir nach Borgholm, wo die schwedische Meisterschaft im Hufeisenwerfen vor der Kirche ausgetragen wurde. Was es nicht alles gibt! Dann der obligatorische Einkauf im Supermarkt, Fastfood in der Fußgängerzone und Stöbern in Ubbe´s LP-Laden zur Verdauung.
Zurück auf dem Zeltplatz kickten wir am Strand und brieten abends am Lagerfeuer Köttbullar. Als es dunkel und kühler wurde, gesellte sich eine englisch-schwedische Familie zu uns. Wir plauderten mit dem Vater über dies und das, bis er keine Gitarre, sondern eine Geige hervorholte und so herrlich spielte, dass wir und seine vier Kinder ganz andächtig wurden. Schon für dieses einmalige Erlebnis lohnte unser Schweden-Trip. Ursprünglich wollten wir zwar erst am Mittwoch zurück, aber da uns eine Woche ausreichte, beschlossen wir, schon am nächsten Tag unsere Zelte abzubauen.
7. August: Vier Stunden fuhren wir an der Küste entlang nach Trelleborg zurück. Vorher wurde per Handy die Frühfähre gebucht. Die letzte Nacht verbrachten wir bei Trelleborg auf einem Zeltplatz. Also noch einmal alles aufgebaut und frisch geduscht ins Zentrum gelaufen, um in einem überteuerten Restaurant den Urlaub ausklingen lassen. Abends saßen wir, bis es nieselte, in unsere Schlafsäcke gehüllt vor den Zelten und träumten bei Fanta und Bier von einem Ferienhäuschen in Norwegen.

8. August: Um 5.00 Uhr aufgestanden, gefrühstückt, gepackt und bei Stena Line eingecheckt. That´s it. Fazit: Trotz des Wetters und des nicht gefangenen Hechtes eine richtig gute Woche für uns vier. Wir sahen Milane, einen Fuchs, einen Hasen, Elchkot und etliche Hirschweibchen. Drei standen nur 10 m neben uns und hatten es mit dem Weglaufen nicht eilig. Sie waren so in sich ruhend wie die Schweden. Und wir? Wir waren angekommen und gleichzeitig unterwegs. Ganz im Sinne Kerouacs. Mehr braucht es manchmal auch nicht.