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Donnerstag, 10. Oktober 2019

213 | Red Beach

Gestern begann der Tag sehr sanftmütig. Als ich mich um sechs mit einer Tasse Kaffee auf die Terrasse setzte und mir vorstellte, dass Manolis im selben Moment zur (leider glücklosen) Jagd aufbricht, standen noch die Sterne am wolkenlosen Nachthimmel. Ein Satellit zog eilig an ihnen vorbei, die ersten Zikaden zirpten, verschlafen rollten kleine Wellen gegen den Strand. Kurze Zeit später ein Lichtstreif im Osten. Erst gelb, dann rot – von der im Bergland aufgehenden Sonne.
Gegen sieben brummte ein Mofa die Straße entlang, erwachten Vögel und Menschen. Milchiges Licht ergoss sich über die Meeresbucht und den Küstenstreifen dahinter.
Und dann, ganz plötzlich, war der Himmel so strahlend blau wie ein Versprechen. Bis zehn saß ich mit meinem Buch im Liegestuhl neben der Terrassenmauer, sah deren Schatten wegschmelzen, spürte, wie die Temperatur nach oben kletterte. An diesem und an den folgenden Tagen würde es bis 29/30°C warm werden. Also Andrea und die Jungs geweckt und nichts wie ab nach Matala, auf zum Red Beach!
Das hatten sich andere auch gedacht. Vor dem Strandparkplatz staute es sich, und sogar auf dem Campingplatz dahinter waren alle Parkmöglichkeiten ausgeschöpft. Erst, nachdem Andrea eine Mülltonne beiseite geschoben hatte, tat sich eine Lücke für unseren Mietwagen auf.
Zwei Landwege führen zum Red Beach. Einer beginnt hinter kostenpflichtigen PKW-Stellplätzen und ist nur für Kletterfreunde geeignet. Der andere, etwas längere, an einer Betontreppe hinter Matalas Häusern, oberhalb der Platia. Je nachdem, ob man unterwegs Fotopausen einlegt, dauert die Strecke 20 bis 30 beschwerliche Minuten. Dann möchte man nur noch ins Wasser oder an Yanni´s Bar etwas Kaltes trinken. Die Aussicht aber vom höchsten Punkt ist beeindruckend: rechts unten die Höhlen von Matala, links oben an der fernen Küste: Agia Galini, so klein wie ein Möwenschiss.

Für Andrea rechtfertigt der Strand den mühsamen Auf- und Abstieg in keinster Weise. Auch bei meinen Jungs und mir war viel vom ursprünglichen Zauber verflogen. Vermutlich, weil der Red Beach uns diesmal zu voll war. Trotzdem hatten wir Spaß – beim Tauchen oder mit unserem Gummiball und dem Melonen-Doughnut-Schwimmreifen.


An einem Strandabschnitt gibt es Unterwasserfelsen, wo es sich gut schnorcheln lässt. Im klaren Wasser beobachtete ich hand- und fußgroße Fische, die wie Kraken ihre Tarnfarben an- und ausknipsen können. Und als ich wieder auftauchte, entdeckte ich eine hinter unserem Liegeplatz stehende Ziege. In etwa dort, wo kreative Besucher Miniaturköpfe aus Ton geformt hatten, von denen zwei verlorene Brillen trugen.

Während ich an der Felswand vom Red Beach wieder Fotos von den Strandskulpturen und -reliefs machte, bemerkte ich eine FKK-Gruppe, die sich mit grünbraunem Schlamm komplett eingeschmiert hatte. Aus Jux, aus Sonnenschutzgründen oder als Hippie-Ritual. Wie Oger auf der Suche nach Shrek und Fiona standen sie da und genossen die Aufmerksamkeit.




Nach einer nicht weniger anstrengenden Rücktour kamen wir gegen achtzehn Uhr in Agia Galini an. Für den Abend hatte ich einen Fünfertisch im „Onar“ reserviert. Wieder im Roof Garden, mit perfektem Blick auf den Hafen. Ach ja, was gibt es Besseres, als nach so einem Strandtag frisch geduscht im Restaurant zu sitzen, kaltes Bier zu trinken und gegrillte Dorade zu essen?! Das lässt sich nur von dem Moment toppen, wenn man später in sein kühllakiges Bettchen kriecht.

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