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Dienstag, 24. Oktober 2017

180 | Kaninchen rupfen


Gestern Abend braute sich ein kurzes Gewitter über Agia Galini zusammen. Es entleerte sich donnernd zweimal in der Nacht und verschwand wieder. Der Wetterbericht hatte es kommen sehen. Wind und Wolken wurden zurückgelassen und eine aufgewühlte See, die im Licht nach cremigem Badezusatz aussah. Gegen Mittag behauptete sich die Sonne immer mehr. Während meine Jungs am Pool chillten, stattete ich Manolis einen Besuch ab. Er stand in der Küche am Waschbecken und nahm ein schwarzweißes Tier aus. Ein Kaninchen, wie es schien. Ob vorgestern die Jagd erfolgreich war, wollte ich wissen. Keine Jagd, Manolis hatte das „Ilios“ bis um 2.00 Uhr offen gelassen und war noch zu müde. Heute Abend gebe es jedenfalls Stifado, freute er sich und sagte etwas von „Rabbit“ und „the best“. Und ich solle endlich in die Küche reinkommen. Am Waschbecken sah ich dann, dass sein Kaninchen-Rabbit Federn hatte.
„This is Chicken!“, entfuhr es mir.
„Yes, Chicken. From the mountain.“ Stolz zeigte er auf das dunkle Fleisch, das vielleicht wie „Rabbit“ aussehe, schmecke oder was weiß ich. „The best“ jedenfalls. Und so reservierte ich gleich zu 19.00 Uhr.
Dann ging ich mit einem meiner Söhne im Meer baden. Die Brandung war gewaltig. Juchzend stürzten wir uns in die Wellen, wurden weggerissen und von nachrückenden Kawenzmännern überrollt. Was für ein Spaß! Doch als wir rauskamen, bluteten wir von den Unterwassersteinen an den Füße.


Die Luftmatratze, die wir vor 2 Jahren im Norden Kretas gekauft hatten, wurde übrigens aus Rache von einem der Terrassen-Kätzchen mit den Krallen perforiert. (Wahrscheinlich, weil wir sie, wenn sie rein wollten, immer zischend verscheuchten. Unsere Nachbarinnen, zwei alte englische Ladys, erzählten, dass die Katzen das bei unserer Vorgängerin durften. Die Dame hatte alle kläglich maunzenden Racker auch immer schön gefüttert.) Und die Taucherbrille, die ich mir letzten Herbst in Agia Galini holte, vergaß ich vorgestern am Strand. Aber was soll´s. Weniger ist mehr, dachte Hans im Glück.


Nach dem Wellentauchen machte ich einen Spaziergang zwischen Kliff und tosendem Wasser. Dabei konnte ich hören, wie unter Wasser die „rolling stones“ abgeschliffen wurden, und sehen, was für Müll angespült worden war: vor allem Plastik statt Schwemmholz zwischen Seegras und Steinen. Nur leider keine hellblaue Taucherbrille. Dafür ein Kinderschuh, bei dem ich an die vielen kleinen ertrunkenen Bootsflüchtlinge denken musste.




Mir fällt noch ein: Als ich gestern in Mátala eine der niedrigen Felsenhöhlen inspizierte, um Fotos von Petroglyphen zu machen, hörte ich, wie sich ein deutsches Pärchen unterhielt.


Sie: „Also in der Hippiezeit hätte ich hier auch gewohnt.“
Er: „Ist doch viel zu niedrig.“
Sie: „Aber zum Schlafen gehts.“
Er: „Hier kann man nicht mal richtig vögeln. Würden die Nachbarn alles mitkriegen.“
Sie: „Ach was, im Hotel ist es genauso hellhörig.“


Mein Fazit: Love & Peace darf auch lauthals in die Welt geschrien werden.


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