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Sonntag, 29. September 2013

137 | Das Vegan-Projekt: Tag 29:


Weil es nach all dem Regen am heutigen Sonntag endlich auch sonnig ist, fahre ich mit meiner Freundin mittags in den Wald. Sie möchte Rinde und Moos für ihre Herbst-Deko finden, ich Pilze. Wir suchen den Wald meiner Kindheit auf, der sich nördlich von Berlin befindet. Damals hatten wir dort nämlich einen Garten und ich unendlich viel Zeit, um mit dem Rad oder zu Fuß durch die Natur zu streifen, auf Bäume zu klettern, mit Pfeilen und Bogen zu üben und eben Pilze zu sammeln. Die geheimen Stellen von damals hatte ich mir wie Wege zu vergrabenen Schätzen über all die Jahre gut gemerkt.
Nachdem das Auto abgestellt ist, registriere ich schon nach den ersten Schritten im Wald, dass überall Pilze wie - ja - wie Pilze aus dem moosigen Boden geschossen sind.


Selbst Maronen (nicht die Esskastanien!), für die ich mich wie damals vor allem interessiere. Einen Steinpilz und zwei Birkenpilze finde ich auch. Es ist herrlich, zwischen Kiefern, Birken und selbst Kreuzspinnennetzen zu laufen, das Klopfen eines Spechtes zu hören und einen aufgeschreckten Laubfrosch zu beobachten. Um uns ist Ruhe, nur über uns zieht das stimmbrüchige Kreischen von Wildgänsen südwärts.


Nachdem der gut gefüllte Korb im Auto verstaut ist, geht es zu der Eisdiele, wo ich bis vor dreißig Jahren so manchen Kirschbecher verschlemmt hatte (Kirschkernweitspucken inklusive). Meine Freundin nimmt vier Kugeln in einer flachen, runden Waffel, die wir mit der DDR eigentlich für ausgestorben hielten. Ich, der Challenger, bestelle tapfer nichts.
Zu Hause heißt es nach zwei aufgewärmten Chili-Portionen Pilze putzen (waschen ist tabu!).



Dann werden für die Jungs Dinkelnudeln mit Tomatensoße gemacht und die geschnibbelten Pilze gebraten. Mit Schalotten, mageren Schinkenwürfeln, Pfeffer, Salz und Petersilie. Jawoll mit Schinken. Challenge hin oder her, aber das ist ein Muss für mich. Dafür bin ich sogar (vergeblich) zu zwei Tankstellen und schließlich zum geöffneten REWE am Ostbahnhof gefahren. Es gibt nämlich kaum einen Essensgeruch, den ich so sehr mit Kindheit verbinde und liebe wie den von mit Zwiebeln und Schinken angebratene würzigen Duft selbst gesuchter Waldpilze. Und sie schmecken, wie sie riechen! 

Das Problem ist nur, dass die Jungs keine mögen und meine Freundin sich mit einer kleinen Portion begnügt. Immerhin hat sie soviel Vertrauen zu meinen Pilzkenntnissen, dass sie nichts Giftiges im Korb vermutete. Bleibt also genug übrig, um morgen aufgewärmt zu werden, was nach guter Kühlung völlig unproblematisch ist.

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